Gründonnerstag mit Erinnerung an die Ordination

Gründonnerstag mit Erinnerung an die Ordination

Gründonnerstag mit Erinnerung an die Ordination

# Predigten Superintendent

Gründonnerstag mit Erinnerung an die Ordination

Predigt am Gründonnerstag, Gottesdienst mit Erinnerung an die Ordination, 17.04.2025
St. Stephani, Gladbeck
Lukas 22,15
Superintendent Steffen Riesenberg

Gesegnet seid ihr, die ihr die Last dieser heiligen Woche tragt. Gesegnet ihr ihr, die ihr mit Palmen wedelt, Füße wascht, im Dunkeln Wache haltet und in der Morgendämmerung ein Halleluja flüstert. (1)

Es ist eine heilige Woche, und es besteht die Gefahr, dass all das, was wir tun, Routine wird. Es geschah, mit Jesus von Nazareth, genau ein Mal. Ein Mal in der Weltgeschichte, und wir wiederholen es jedes Jahr, wie Festspiele. Das Schöne ist, dass wir mit diesen heiligen Geschichten, den heiligen Tagen, den Ritualen, dass wir damit vertraut werden. Das Risiko ist, dass es für uns zur Routine wird.

Deshalb möchte ich mit euch über einen Satz (Lk 22,15) nachdenken, den wir eben schon gehört haben.

Und Jesus sprach zu ihnen:
Mich hat herzlich verlangt, dies Passalamm mit euch zu essen, ehe ich leide. 

Die Wurzel steht zwei Mal im Griechischen: „mit Verlangen hat mich danach verlangt“ oder „mit Sehnsucht habe ich mich danach gesehnt“.

Was wäre, wenn Jesus das zu uns sagen würde: Mit Sehnsucht sehne ich mich danach, mit euch am Tisch zu sitzen, mit euch zu essen? Was wäre, wenn diese heilige Woche, diese heiligen Tage der Weg wären, auf dem Jesus zu uns kommen möchte? Nicht zu uns, so allgemein, sondern zu dir und mir, zu uns in Gladbeck, Bottrop und Dorsten. Zu uns ins Arbeitszimmer, zu uns Gemeindebüro. Zu uns ins Auto, zwischen zwei Terminen. Zu uns in die Einsamkeit, die unser Beruf oft mit sich bringt.

Für heute, für diesen Gottesdienst, lassen wir Jesus uns das zusprechen. Wir sind die Jüngerinnen und Jünger, mit denen Jesus essen und trinken will, bevor er leidet.

Diese Woche, lasst euch erinnern an den Skandal, die Erleuchtung, die Absurdität: Unser Gott hat das Grab überwunden. Der Tod wurde besiegt. Und das ändert alles. (1)

Ich möchte mich selbst hineinstellen in diese Geschichte, und möchte den Figuren nachspüren. Der Mutter, die ihren Sohn leiden und schließlich sterben sieht, wie so viele Mütter es auch heute tun müssen. Dem Hauptmann, der Jesus sterben sieht, und darin erkennt: „Dieser ist wahrhaftig Gottes Sohn gewesen.“ Petrus, der den Hahn krähen hört und weiß: Ich habe versagt. Dem einen Jünger, der lieber nackt wegrennt, als den Schmerz und die Pein des Menschensohnes auszuhalten. Weil ich es ja so oft auch nicht aushalte, hinzusehen und zumindest darin solidarisch zu sein.

Ich möchte die Geschichte von Ostern aus der Geschichte heraus erzählen. Mich neben die Menschen stellen und alles auch für mich in Anspruch nehmen.

Für uns Pfarrerinnen und Pfarrer (und diejenigen auf dem Weg, welche zu werden) gibt es viele Dinge, die wir erkennen können. 

Da wird hoch und heilig versprochen, da wird gemein verraten, da wird feige gelogen, da wird ängstlich im Stich gelassen, da wird höhnisch Macht ausgespielt, da wird grob Gewalt angetan. Da wird geliebt und geweint, da wird miteinander gegessen und getrunken, da wird miteinander geredet und voneinander Abschied genommen; da erschrecken und verzweifeln Menschen über sich selbst. Alles ist darin, von „himmelhoch jauchzend“ bis „zu Tode betrübt“, von „Hosianna“ bis „Kreuzige ihn!“ Beängstigend, wie schnell eins in das andere übergeht. (2)

Dabei ist die Geschichte von Jesus von Nazareth natürlich die Geschichte seiner Kirche und andersherum. Wir wären nicht die Kirche Christi, wenn wir nicht all das erfahren würden, was er erfahren hat.

Und in alledem diese doppelte Sehnsucht: Mit Sehnsucht habe ich mich nach euch gesehnt. Es ist diese Liebe zu seinen Jüngerinnen und Jüngern, die in diesem letzten Mahl – und in jedem Abendmahl – verborgen und verbürgt ist. Weil da steht: „Das tut zu meinem Gedächtnis“, deshalb durften die Leser des Lukas diese doppelte Sehnsucht ebenso für sich in Anspruch nehmen wie wir das heute dürfen. Und all das Menschliche, selbst unseren Verrat, dürfen wir mitbringen. Es hält Jesus von der Sehnsucht nicht ab. 

Gesegnet seid ihr, die ihr die Geschichte erzählt, vom Leben, vom Tod und wieder vom Leben, den Traurigen, den Verlorenen, den Suchenden, und denen, die schon alles wissen, und denen, die am seidenen Faden hängen, und euch selbst: damit die Gnade durchdringen kann an jeden spröde und brüchigen Platz.

Aus Gesprächen mit euch weiß ich, dass das Verhältnis zur eigenen Ordination durchaus unterschiedlich ist. Es ist ein persönliches Amt, es ist also von Anfang an klar, dass jede und jeder es ein wenig anders verstehen und ausfüllen wird. Die große Bedeutung unseres Amtes – nicht jeder einzelnen Person, aber wohl des Amtes – bleibt: Wort und Sakrament sind grundlegend für unser Kirchesein. Deshalb ist es gute Tradition in manchen Kirchen, dass sich die Pfarrerinnen und Pfarrer vor Ostern zum Abendmahl treffen. Zur Vergewisserung. Auch, um sich vor den drei heiligen Tagen selbst zu stärken an Wort und Sakrament.

Einer sehnt sich nach dir. Einer will genau jetzt mit dir essen und trinken. Einer reicht dir Brot und Kelch, Zeichen der Gemeinschaft und der Stärkung. 

Ich bin mir sicher: Wir müssen das als erste hören, und spüren, und glauben, damit wir es dann weitersagen können und andere einladen in die große Gemeinschaft der Menschen, die sich selbst wiederfinden bei und in Jesus von Nazareth, dem Menschensohn. Das ist unser Amt. Mehr nicht. Aber weniger auch nicht.

Also: Möge der Geist dir Kraft geben. Möge die Musik dich erheben. Möge Christus dir in deiner Schwachheit begegnen. Und mögest du für einen kurzen Augenblick, sei es nur ein Moment, die Heiligkeit erkennen in dem, was du tun darfst, diese Woche und jede Woche. Amen. (1)

(1) Kate Bowler: "A blessing for those leading through Holy Week", https://drive.google.com/file/..., meine Übersetzung.

(2) Annette Kurschus: "Seht, der Mensch", https://www.kirche-im-wdr.de/s...

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