Neun Minuten live aus Gladbeck

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Neun Minuten live aus Gladbeck

Foto: Im Gottesdienst predigten Pfarrerin Melanie Hellmers und Superintendent Steffen Riesenberg. 

Noch drei Minuten, bis die ARD umschaltet und der Fernsehgottesdienst am Ostermontag aus der Gladbecker Christuskirche live übertragen wird. In der Kirche ist alles vorbereitet: Die Mitwirkenden waren in der Maske und wurden fürs Fernsehen abgepudert, die Musizierenden sind vorbereitet und haben den Ablauf verinnerlicht und gut 100 Menschen aus Gladbeck und den Nachbarstädten sind als Gemeinde in die Christuskirche gekommen. Ein 30-köpfiges Team vom WDR hatte in den beiden Tagen zuvor die Technik aufgebaut: Fünf Kameras, unzählige Scheinwerfer, große Mischpulte für Licht und Ton – jetzt war alles bereit.

Rundfunkpfarrerin Petra Schulze hatte die Gemeinde begrüßt und den Ablauf erklärt, und dann hatten alle ihre Mobiltelefone ausgeschaltet, damit die Übertragung nicht gestört wird. „Und dann raunt mir jemand zu: Der Papst ist gestorben“, erinnert sich Superintendent Steffen Riesenberg. Er hat gemeinsam mit der Gladbecker Pfarrerin Melanie Hellmers die liturgische Leitung des Gottesdienstes. Schnell bittet Riesenberg die Aufnahmeleiterin, mit der Redaktion des WDR Kontakt aufzunehmen und die Nachricht zu bestätigen. Ein paar Sekunden vor der Übertragung dann Gewissheit: Papst Franziskus ist in den frühen Morgenstunden gestorben.

Melanie Hellmers sagt: „Wir hatten viele Ideen, was in so einem Fernsehgottesdienst alles schiefgehen kann. Eine Eilmeldung zum Tod von Papst Franziskus zwei Minuten vor Beginn des Gottesdienstes und eine Unterbrechung der ARD-Übertragung aus der Christuskirche nach nur neun Minuten gehörte nicht dazu.“

Der Gottesdienst in der Kirche geht seinen Gang. Riesenberg schreibt mit dem Bleistift eine schnelle Fürbitte und arbeitet eine Passage seiner Predigt um. Für den verstorbenen Papst findet er spontan würdigende Worte: „Papst Franziskus ist gestorben. Er hat es zu seinem Beruf gemacht, zu seinem Leben gemacht – von dieser Hoffnung zu berichten, die uns Christinnen und Christen trägt. Er hat Straffälligen im Gefängnis die Füße gewaschen, Kinder zu seinen Audienzen eingeladen und sie um sich gesammelt. Er hat uns eingeladen, uns vorzustellen: Wenn das wirklich stimmt: Jesus ist auferstanden. Wenn das stimmt, dann wäre jede Angst überwunden.“

Lektor Klaus-Dieter Salinga nimmt die Gemeinde auf seine wunderbare Erzählweise mit auf den Weg zweier Freunde, die nach dem Tod Jesu unterwegs nach Emmaus waren. Die beiden Pilgerinnen Margret Link und Barbi Mohr vom „Pilgern im Pott“ aus Bottrop haben ihre ganz eigenen Erfahrungen vom Auf dem Weg-Sein geteilt. Und Ehrenamtliche aus der Ökumenischen Notfallseelsorge, Petra Bremer und Diakon Markus Kemper, haben daneben ihre Erlebnisse im Umgang von Menschen in Trauer und Krisen gestellt. In der Predigt teilten Melanie Hellmers und Steffen Riesenberg eigene Erfahrungen von schwierigen Wegen und unerwartetem Trost.

Drumherum haben der Chor „Mixed Voices“ unter der Leitung von Kreiskantor Matthias Uphoff, Solistin Alexandra Koteneva, das Ensemble der „Brass Band Essen“ unter der Leitung von Lucas Boiar sowie Kantor Michael Oddei an der Orgel für stimmungsvolle Musik gesorgt.

Die Zuschauerinnen und Zuschauer am Fernsehen sehen das alles leider nicht – die ARD hat nach neun Minuten entschieden, das Programm von Tagesschau24 aufzuschalten und Nachrichten zum Tod des Papstes zu senden. Die Gemeinde in Gladbeck erfährt das erst nach dem Gottesdienst. „Und das war gut so. So haben wir aus vollem Herzen und mit voller Konzentration Gottesdienst gefeiert und die Hoffnung des Ostermorgens in die Kirche und die Welt getragen“, meint Pfarrerin Hellmers.

Nach dem Gottesdienst folgt spontaner Applaus und erleichtertes Aufatmen: Alles hat gut geklappt. 

Dankbar denkt Superintendent Riesenberg an den Ostermontag zurück: „Wir können stolz und froh sein, über das, was wir mit den vielen Beteiligten vor und hinter der Kamera gestaltet haben. Die Entscheidung der ARD lag nicht in unserer Hand.“ Viele Zuschauerinnen und Zuschauer haben sich seitdem gemeldet, mit Enttäuschung über die Entscheidung der ARD, aber vor allem auch mit Lob und Zuspruch für die Mitwirkenden. „Papst Franziskus hätte das sicher gefallen“, schreibt eine katholische Zuschauerin.

Der ganze Gottesdienst – genau eine Stunde lang – steht für mindestens ein Jahr im Internet in der ARD-Mediathek zur Verfügung. 

Foto: WDR

 

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