07/11/2025 0 Kommentare
Kirche ist für sie Heimat
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Kirche ist für sie Heimat
Für unsere heutige ZukunftsGestalt ist kein Tag wie der andere. Mal sitzt Esther Schoel mit Jugendlichen im Konfi-Unterricht, mal organisiert sie ein großes Event, mal spielt sie einfach eine Runde Kicker im Offenen Treff. Es gibt keine Routine, sondern immer wieder neue Begegnungen und Überraschungen – und genau das macht für sie der Reiz aus als Jugendreferentin in Dorsten Holsterhausen. Unterstützt wird sie dabei von ihrem „Gemeindehund Lysop“.
Name: Esther Schoel – aber eigentlich nennt sie fast jeder nur „Ette“
Alter: 28 Jahre
Job: Jugendreferentin
Seit wann arbeitest Du als Jugendreferentin und warum hast du dich für die Aufgabe entschieden?
Seit 2023 bin ich Jugendreferentin in Dorsten-Holsterhausen. Ursprünglich habe ich Erzieherin gelernt – für mich war schon früh klar, dass ich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten möchte. Ich finde es einfach faszinierend, wie viel Energie, Kreativität und Ehrlichkeit Jugendliche mitbringen. Außerdem habe ich selbst in der kirchlichen Jugendarbeit sehr positive Erfahrungen gemacht: Gruppenstunden, Freizeiten, Jugendgottesdienste – das alles hat mich geprägt und gezeigt, wie wertvoll Gemeinschaft sein kann. Da war schnell klar: ich möchte das weitergeben und anderen ermöglichen.
Wie churchy bist du?
Meine Geschichte ist ein bisschen speziell. Bis ich 14 war, war ich nicht mal getauft. Zum Konfirmandenunterricht kam ich nur durch meinen Stiefbruder, der angeschrieben wurde – und ich dachte: „Ach, geh ich mal mit.“ Tja, und dann bin ich einfach nie wieder gegangen. Ab da war ich in der Kirche zuhause: erst als Teilnehmerin, dann als Teamerin, in Jugendgottesdiensten, beim Konfi-Unterricht, im Offenen Treff. Und heute stehe ich auf der anderen Seite – als hauptamtliche Jugendreferentin.
Was sind deine Hauptaufgaben als Jugendreferentin?
Mein Schwerpunkt ist die Begleitung von Jugendlichen bei ihren Ideen und Projekten. Ich sehe mich da weniger als „Chefin“, sondern eher als Möglichmacherin. Konkret heißt das: Ich unterstütze im Konfirmandenunterricht, helfe bei Jugendgottesdiensten, organisiere Freizeiten, leite die Kidsgruppe und begleite den Offenen Treff. Ganz wichtig ist mir die Zusammenarbeit mit unseren Ehrenamtlichen. Viele Angebote werden von Jugendlichen für Jugendliche vorbereitet. Meine Rolle ist, den Rahmen zu geben, den Rücken freizuhalten, zu ermutigen – und auch mal einzuspringen, wenn’s nötig ist. Am Ende sollen die Jugendlichen das Gefühl haben: „Das hier ist unsere Sache.“
Wo liegen die Schwerpunkte deiner Jugendarbeit in Dorsten?
Unsere Schwerpunkte liegen in zwei Bereichen: Gemeinschaft erleben und selbst etwas gestalten können. Wir bieten ganz unterschiedliche Dinge an: vom Offenen Treff, wo man einfach mal chillen, spielen oder quatschen kann, über kreative Projekte, bis hin zu Jugendgottesdiensten und Freizeiten. Mir ist wichtig, dass es einen Ort gibt, an dem Jugendliche ernst genommen werden – mit ihren Fragen, ihrem Glauben, aber auch mit ihren Sorgen und Träumen. Manche kommen regelmäßig in Gruppen, andere nur mal eben bei einer Aktion vorbei – beides ist völlig okay. Bei uns gilt: Jeder darf kommen, niemand muss etwas Besonderes leisten.
Wie wichtig ist es, dass die Kirche Angebote für Jugendliche in Dorsten macht?
Sehr wichtig! Jugendliche brauchen Orte, an denen sie einfach sie selbst sein dürfen – ohne Druck, ohne Leistungsanforderung. Klar, in Dorsten gibt es auch andere gute Angebote wie den Rottmannshof in Wulfen-Barkenberg, das Leo in Hervest, den Treffpunkt Altstadt oder das Haus der Jugend bei uns in Holsterhausen, die alle eine super Arbeit leisten. Aber was wir als Kirche besonders mitbringen, ist ein Raum, in dem auch Fragen nach Sinn, Glaube und Leben Platz haben. Und: Unsere Angebote sind sehr niedrigschwellig. Bei uns muss man nicht Mitglied sein, kein Talent mitbringen, keine Leistung erbringen. Man darf einfach Mensch sein – und wird trotzdem ernst genommen. Ich finde, das ist ein Schatz, den wir unbedingt weitergeben sollten.
Müsste Kirche sich stärker im Bereich Jugendarbeit engagieren?
Ja, unbedingt! Wenn Kirche keine Jugendarbeit macht, verliert sie den Anschluss an die nächste Generation. Jugendliche sind unsere Zukunft – und die, mit denen wir jetzt Erinnerungen schaffen können, die bleiben. Vielleicht entscheiden sie sich später mal gegen einen Kirchenaustritt, weil sie denken: „Damals, auf dieser Freizeit – das war eine richtig gute Zeit.“ Aber dafür müssen wir jugendgerechter werden. Vor allem die Gremienarbeit ist noch sehr erwachsen-dominiert und wirkt auf Jugendliche manchmal wie eine andere Welt. Wir sollten sie gezielt fragen: „Was wollt ihr? Was braucht ihr?“ – und ihnen dann auch echte Entscheidungsmöglichkeiten geben. Das Jugendbeteiligungsgesetz ist ein guter Anfang, aber da geht noch mehr. Kirche muss lernen, Macht zu teilen – nur so bleiben wir relevant.
Wo siehst du deine persönlichen Stärken?
Ich glaube, meine Stärke liegt darin, dass ich nicht der klassische „Leitungstyp“ bin. Von außen wirkt es vielleicht manchmal so, als würde ich gar nicht richtig leiten – weil ich eben nicht im Mittelpunkt stehe. Aber genau das ist mein Stil: Ich arbeite im Hintergrund, schaffe Strukturen, halte alles zusammen – und die Jugendlichen stehen im Rampenlicht. Es geht nicht darum, dass ich glänze. Es geht darum, dass sie ihre Ideen verwirklichen können, mutig werden und erleben: „Hey, ich kann was!“ Wenn das gelingt, dann habe ich meinen Job gut gemacht.
Was ist eine Gemeinde-Hundebesitzerin?
Mein wohl heimlich wichtigster Job. Vor etwa 1,5 Jahren ist mein Hund Lysop bei mir eingezogen – und damit auch in die Gemeinde. Schon als Welpe war er mit in Gruppen dabei und hat im Sturm alle Herzen erobert. Mittlerweile ist er fester Bestandteil: Wenn ich mal ohne ihn auftauche, heißt es zuerst: „Wo ist Lysop?“ – und erst danach werde ich begrüßt. Er hat eine besondere Wirkung: Er bringt Ruhe in Gruppen, baut Brücken zwischen Menschen und schafft Nähe, ganz ohne Worte. In Zukunft könnte er vielleicht sogar eine Pädagogikbegleithund-Ausbildung machen, um noch gezielter zu unterstützen. Aber bis dahin genießt er einfach das Leben als Gemeindehund mit jeder Menge Kuscheleinheiten und Abenteuern.
Wenn du nicht Kirche machst, was machst du dann?
Ganz ohne Kirche bin ich nie – dafür ist sie zu sehr Heimat für mich. Aber ja, ich habe auch andere Seiten. Ich bin sehr kreativ, liebe es zu malen, zu basteln oder Dinge auszuprobieren. Ich lese gerne, lasse mich von Geschichten inspirieren – und natürlich verbringe ich viel Zeit mit meinem Hund in der Natur. Spaziergänge sind für mich nicht nur Bewegung, sondern auch so eine Art „Pause-Taste“ fürs Leben.
Dein Lieblingspsalm?
„Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an.“ (1. Samuel 16,7) Das ist mein Konfirmationsspruch – und er begleitet mich bis heute. Ich finde, er passt gut in unsere Zeit, in der Menschen schnell in Schubladen gesteckt werden. Wir urteilen oft nach dem, was wir sehen: Kleidung, Auftreten, Verhalten. Aber hinter allem steckt eine Geschichte. Ich versuche, Menschen mit diesem Blick zu begegnen: zu fragen, warum jemand so ist, wie er ist. Das gelingt mir nicht immer, aber es hilft, Verhalten besser nachzuvollziehen – Und manchmal passiert dabei sogar etwas Verrücktes: Man fängt an, Menschen zu mögen, die man anfangs gar nicht auf dem Zettel hatte.
Foto und Fragen: Jörg Eilts
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